Wirtschaftsentwicklung
Interview

«Der Wert des Wirtschaftsforums sind seine Mitglieder»

Seit März 2025 ist Renzo Cicillini Präsident des Vereins Wirtschaftsforum Oberwallis (Wforum), zu dessen Mitgliedern rund 100 Unternehmen aus der Region zählen. Im Interview spricht der Lonza-Standortleiter in Visp über die persönliche Motivation für dieses Engagement und beschreibt seine Sicht zu den aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen und die Pläne des Wirtschaftsforums in den kommenden Jahren.

Renzo Cicillini, woher kommt Ihre Motivation, sich persönlich in diesem Umfeld zu engagieren?

Meine Motivation, mich in diesem Umfeld zu engagieren, entspringt meiner tiefen Verbundenheit mit der Region und dem Wunsch, zur wirtschaftlichen Entwicklung über Lonza hinaus beizutragen. Im Oberwallis gibt es viele leistungsfähige und innovative Unternehmen, die gemeinsam ein lebendiges wirtschaftliches Umfeld bilden. Unser Erfolg ist Teil eines Netzwerks, das auf Zusammenarbeit, gegenseitiger Inspiration und gemeinsamen Werten basiert. Mit dem Wirtschaftsforum Oberwallis verfügen wir über eine Plattform, um aktuelle Herausforderungen gemeinsam zu lösen und Lösungen zu entwickeln, die branchenübergreifend Wirkung zeigen.

Wir erleben in der Region seit einigen Jahren eine dynamische Wirtschaftsentwicklung. Lonza ist der Motor dieser Entwicklung. Was sagen Sie als Standortleiter in Visp dazu? Ist alles angerichtet für weiteres Wachstum?

Lonza ist zweifellos ein zentraler Treiber der wirtschaftlichen Entwicklung, aber unser Erfolg entsteht sicher nicht im Alleingang. In der Region gibt es viele starke und innovative Unternehmen, die voneinander profitieren und ein dynamisches Ökosystem bilden, getragen von Zusammenarbeit und gemeinsamen Werten. Für nachhaltiges Wachstum braucht es weiterhin starke Ankerunternehmen und gezielte Clusterbildung. Als Region müssen wir uns unternehmensfreundlich positionieren, damit bestehende Firmen gestärkt und neue angesiedelt werden können. Dazu gehören gute Rahmenbedingungen wie Infrastruktur, Mobilität, Fachkräfte ebenso wie eine unkomplizierte Zusammenarbeit mit Gemeinden und Behörden. Die Entwicklung unserer Wirtschaftsregion gelingt nur gemeinsam, als starkes Netzwerk aus engagierten Unternehmen, Menschen und Partnerschaften. Ich nutze dafür gerne den Begriff «Ökosystem».

Renzo Cicillini

Die Entwicklung unserer Wirtschaftsregion gelingt nur gemeinsam, als starkes Netzwerk aus engagierten Unternehmen, Menschen und Partnerschaften.

Wenn Sie ein Bild des Wirtschaftsstandort Wallis malen müssten, wie würde es aussehen? Rosarot oder eher in dunklen Tönen? Welche besonderen Herausforderungen würden Sie dem Bild hinzufügen?

Wenn ich ein Bild des Wirtschaftsstandorts Wallis malen müsste, wären es lebendige, kraftvolle Farben. Unsere Region überzeugt durch ihre zentrale Lage in Europa und eine beeindruckende Bergwelt mit internationaler Ausstrahlung. Das Wallis vereint hohe Lebensqualität mit wirtschaftlicher Innovationskraft. Der wahre Motor dieses Erfolgs sind die Menschen: mit ihrem Berglercharakter, ihrer Tatkraft und ihrer Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Diese Kultur des Anpackens müssen wir bewahren und weitergeben, an die nächste Generation und an jene, die neu ins Wallis kommen. In der Zusammenarbeit mit Gemeinden, Region und Kanton haben wir in den letzten Jahren grosse Fortschritte gemacht. Diese Partnerschaften sind entscheidend und zeigen, was möglich ist, wenn alle an einem Strang ziehen. Aber wir dürfen nicht stehen bleiben. Andere Regionen investieren in moderne Infrastrukturen und fördern Innovation. Unsere Vision muss sein: Wir wollen besser sein als andere - nicht nur mithalten, sondern vorausgehen.

Wie nehmen Sie das Unternehmertum allgemein in der Region wahr? Gibt es Bereiche, in denen wir uns stärker machen müssten?

Das Unternehmertum im Wallis erlebe ich als sehr dynamisch und innovativ. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer sind engagiert und bereit, neue Wege zu gehen. Wir Walliserinnen und Walliser sind bekannt dafür, auch in schwierigen Situationen pragmatische Lösungen zu finden. Gleichzeitig gibt es Bereiche, in denen wir insgesamt noch stärker werden können, etwa bei strategischen Themen, die Weitblick und Vorausschau erfordern. Dazu zählen die digitale Transformation, der Umgang mit dem globalen Fachkräftemangel und die Nachfolgeregelung, die viele Betriebe beschäftigt. Ein wichtiger Punkt ist auch, dass wir junge Menschen motivieren müssen, Verantwortung in der Region zu übernehmen, sei es durch den Aufbau eigener Unternehmen oder durch Engagement in bestehenden Strukturen. Damit das gelingt, braucht es unternehmensfreundliche Rahmenbedingungen. Wir werden mit dem Wirtschaftsforum in Zukunft einen Fokus darauf legen und unterstützen.

Renzo Cicillini

Das Wirtschaftsforum hat sich die drei Werte praxisnah, unterstützend und begeisternd auf die Fahne geschrieben.

Welche Massnahmen sind Ihres Erachtens wichtig, um Fachkräfte gewinnen und längerfristig halten zu können?

Aus meiner Sicht braucht es eine Kombination verschiedener Faktoren, um Talente für unsere Region zu gewinnen und zu halten. Dazu gehören attraktive Arbeitsbedingungen, gute Weiterbildungsmöglichkeiten und eine starke Unternehmenskultur. Auch soziale und ökologische Nachhaltigkeit spielt eine wichtige Rolle. Hier können wir uns als Region klar positionieren. Wenn wir zeigen, dass wir als Unternehmen und Standort etwas Besonderes bieten, sei es durch exzellentes Handwerk, führenden Tourismus oder technologische Spitzenleistungen, dann ziehen wir die besten Talente an. Das Wallis hat zudem viel zu bieten: eine hohe Lebensqualität, vielfältige Freizeitmöglichkeiten und ein aktives Vereinsleben. Dort leben, wo andere Ferien machen - dieser Satz bringt es für mich auf den Punkt. Gleichzeitig müssen wir jungen Menschen Perspektiven geben, Verantwortung zu übernehmen und ihre berufliche Zukunft im Wallis zu gestalten.

Die Führungskräfte der Walliser KMU sind täglich gefordert. Welche Fragen sollten sie sich im Halbjahresrhythmus stellen?

Unabhängig von der jeweiligen Branche und der Grösse des entsprechenden Unternehmens sollte man sich immer wieder wichtige Fragen stellen, wie zum Beispiel: Welche Werte generieren wir für unsere Kundschaft? Ist unser Geschäftsmodell nach wie vor das richtige? Setzen wir die richtigen Leute am richtigen Ort ein? Wie rentabel sind unsere einzelnen Produkte und Dienstleistungen? Haben wir eine effiziente Prozessgestaltung, schlanke Unternehmensführung? Sind die Abläufe optimiert? Setzen wir die neuen Technologien richtig ein, damit sie uns auch was bringen?

Die Vision des Wirtschaftsforums Oberwallis ist klar: die dynamischste Wirtschaftsregion im alpinen Raum werden. Welche Rolle kann und soll das Wforum aus Ihrer Sicht künftig auf diesem Weg spielen?

Der Wert des Wirtschaftsforums sind seine Mitglieder! Wir können eine zentrale Rolle spielen, indem das Wforum als Plattform für den Austausch und die Vernetzung dient. Es soll die Unternehmen unterstützen, indem wir aktuelle Themen aufgreifen. Dabei geht es auch darum, die globale Dynamik in den KMUs des Oberwallis zu verankern. Schliesslich sind 95 Prozent der hiesigen Unternehmen kleinere oder mittlere Unternehmen, viele von ihnen sind in globale Entwicklungen eingebunden. Dafür hat sich das Wirtschaftsforum die drei Werte «praxisnah», «unterstützend» und «begeisternd» auf die Fahne geschrieben. Nach diesen Werten gestalten wir all unsere Aktivitäten und hoffen dadurch, einen besonders hohen Mehrwert zu generieren.

Wie will das Wirtschaftsforum diese Vision konkret umsetzen?

Ich bin überzeugt, dass wir als Instrument für den Austausch wirken und als Inspirations- oder Motivationsquelle dienen können, um andere Perspektiven einzunehmen. Konkret sollen jedes Jahr zwei bis drei Anlässe zu relevanten Themen durchgeführt und bei Bedarf Fokusthemen mit interessierten Mitgliedern bearbeitet werden. Überdies wollen wir künftig einen Leuchtturmanlass für die Oberwalliser Wirtschaft auf die Beine stellen. Hierzu laufen aktuell Abklärungen, wie ein solcher Event ausgestaltet werden könnte. Nicht zuletzt sollen aber auch unsere bestehenden Angebote wie die Berufswahlplattform «Miini Brüefswahl» oder das alle zwei Jahre stattfindende Berufsschaufenster weiterentwickelt und neue Angebote aufgenommen werden. Immer mit dem Gedanken, Mehrwerte für die Oberwalliser Wirtschaft zu schaffen.

 

Informationen zum Wirtschaftsforum gibt es hier: www.wforum.ch

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