Wirtschaftsforum
Interview

«Es gibt viele Erfolgserlebnisse, die nur erzählt werden müssen»

Seit August 2020 steht Nicole Zenhäusern-Camenisch an der Spitze des Wirtschaftsforums Oberwallis. Im Interview spricht die Standortleiterin der Debrunner Acifer AG im Wallis über die aktuelle Entwicklung im Oberwallis und erklärt, was sie sich durch den neuen Wirtschaftsblog Oberwallis (WLOG) verspricht.

Nicole Zenhäusern-Camenisch, in den letzten Jahren hat die Wirtschaft im Oberwallis einen regelrechten Boom erlebt. Wie schätzen Sie als Präsidentin des Wirtschaftsforums Oberwallis (WIFO) und als Unternehmerin die aktuelle Stimmung ein?

Die Stimmung ist gut! Es ist enorm, welche Entwicklung das Oberwallis in den letzten Jahren erlebt hat. Wenn man mit Unternehmerinnen und Unternehmern aus den verschiedensten Branchen spricht, zeigt sich aber auch eine gewisse Hektik und Anspannung. Einerseits liegt dies sicherlich an den aktuellen globalen Veränderungen und Entwicklungen, die auf die Stimmung drücken. Andererseits tragen die fehlenden Ressourcen ihren Teil dazu bei. Teilweise können Aufträge infolge fehlender Fachkräfte nicht oder nicht termingerecht ausgeführt werden. Trotz der grundsätzlich positiven Entwicklung ist man sich bewusst, dass dieser Rhythmus nicht immer so weitergehen kann und wird. Viele Unternehmen sind gut aufgestellt und können mit Veränderungen gut umgehen. Davon bin ich überzeugt. Unsere Bodenständigkeit, Anpassungsfähigkeit, Kreativität und Innovativität wird uns dabei helfen.

Allein im Jahr 2022 sind in der Region erneut über 400 Firmen in den verschiedensten Branchen gegründet worden, während andere wieder verschwunden sind. Wie breit abgestützt ist das hiesige Wirtschaftsgefüge?

Ich nehme unsere Wirtschaft als sehr diversifiziert wahr. Wenn man beispielsweise nur schon die rund 100 Mitglieder des Wirtschaftsforums anschaut, zeigt sich ein überraschend breites Spektrum. Sicher ist das Oberwallis eher dienstleistungslastig, wenn man etwa an den starken Tourismussektor und seine Vielzahl an Betrieben denkt. Hervorheben lässt sich auch der Bausektor, welcher vom aktuellen Boom und den Investitionen in die Infrastruktur profitiert. Schön ist es zudem zu sehen, dass in den letzten Jahren viele Jungunternehmen entstanden sind, welche in neuen, innovativen Branchen grossartige Initiativen und Ideen umsetzen und sich etablieren. Man kann zweifellos behaupten, dass das Oberwallis mit seinen bestehenden und neuen Unternehmen innovativ unterwegs ist

Nicole Zenhäusern-Camenisch

Wir erhoffen uns eine bessere Sichtbarkeit der wirtschaftlichen Themen und spannende Einblicke in die breite Palette der Oberwalliser Unternehmen.

Abseits der grossen, teils global tätigen Unternehmen gibt es viele kleine Betriebe in der Region, deren Inhaberinnen und Inhaber tagtäglich mit viel Herzblut im Einsatz stehen. Was macht für Sie persönlich eine gute Führungsperson aus?

Als Basis ist ein gewisses Mass an betriebswirtschaftlichem Know-how unentbehrlich. Das lässt sich nicht von der Hand weisen! Neben der Freude an der Arbeit und am Mitanpacken ist es meines Erachtens genauso wichtig, identisch zu bleiben, Bodenhaftung zu haben und einen gesunden Menschenverstand mitzubringen. Persönlich gehört es für mich zudem dazu, sich als Führungsperson auch Lücken eingestehen zu können. Manchmal muss man auch etwas wagen. Man kann nicht immer im Voraus wissen, ob es klappt. Erfolgsgarantien gibt es keine. Aber wer nichts wagt, der nicht gewinnt.  

Die in diesem Jahr vom Wirtschaftsforum erarbeitete Vision sieht vor, dass das Oberwallis zur «dynamischten Wirtschaftsregion im alpinen Raum» werden soll. Wie weit ist man aktuell von diesem Ziel entfernt?

In einer Alpenregion leben wir schon! Dieses Ziel haben wir erreicht, ohne etwas dafür tun zu müssen (lacht!). Nein, es ist wichtig, dass wir die Alpenregion unterstreichen. Bergkantone haben nicht die gleichen Herausforderungen und Anliegen wie Stadtkantone. Im Fokus steht für uns die Frage, wie wir uns als Wirtschaftsforum weiterentwickeln können. Dabei hat sich gezeigt, dass Proaktivität gefragt ist.  Wir wollen dynamischer und flexibler werden, um stärker auf die Bedürfnisse unserer Mitglieder eingehen zu können. Ein weiteres Ziel ist es, dass wir auch politisch eine Stimme erhalten, bei Themen, die unsere Mitglieder betreffen, und uns aktiv einbringen können. Aktuell haben wir bereits einige Projekte aufgegleist, welche in diese Richtung zielen und unser Vorhaben unterstützen.

Das Wirtschaftsforum ist Träger der neuen Plattform WLOG, deren Inhalte künftig in Zusammenarbeit mit Cimark, der kantonalen Stelle für Innovation, erarbeitet werden. Was verspricht sich das WIFO von diesem Engagement?

Wir erhoffen uns eine bessere Sichtbarkeit der wirtschaftlichen Themen und spannende Einblicke in die breite Palette der Oberwalliser Unternehmen. Was heute vielleicht noch zu wenig thematisiert wird und häufig unter dem Radar verschwindet, soll auf dieser Plattform eine Stimme bekommen. Die neue Plattform kann hierbei ein neutraler, seriöser und gut recherchierter Informationskanal sein, der einen echten Mehrwert bietet und auch mögliche Synergien für die hiesigen Unternehmen schaffen kann. Ich bin mir sicher, dass es im Oberwallis viele interessante Geschichten und Erfolgserlebnisse gibt, die nur erzählt werden müssen … und gespannt, wie sich das Projekt WLOG entwickelt!

Zur Person

«Ich gehöre hier zum alten Eisen», sagt Nicole Zenhäusern-Camenisch lachend auf die Frage, wie lange sie schon bei der Debrunner Acifer AG im Einsatz steht. Nach einer kaufmännischen Lehre Mitte der 80er-Jahre hat sie sich begleitet von Weiterbildungen von der Sacharbeiterin bis hin zur Standortleiterin hochgearbeitet. Seit dem Jahr 2010 ist Zenhäusern-Camenisch Geschäftsführerin im Wallis mit den beiden Standorten Visp und neu Conthey, der das bisherige Firmenareal in Siders ersetzt. Debrunner Acifer ist ein schweizweit tätiger Händler und Servicepartner für Bau, Industrie und Gewerbe und marktführend in der Wasser- und Gebäudetechnikbranche mit insgesamt über 160'000 Artikeln im Sortiment. In Visp ist das Unternehmen seit 1961 ansässig und beschäftigt aktuell 54 Mitarbeitende, darunter 7 Lernende.

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