Vereinbarkeit
Bericht

«Was Mitarbeitende unter Vereinbarkeit verstehen, ist sehr individuell»

Die Ausgangslage beim Sozialmedizinischen Zentrum Oberwallis (SMZO) ist nicht 0815. Bei einem Frauenanteil von über 90 Prozent und sehr vielen Kleinpensen nimmt das Thema Vereinbarkeit eine wichtige Rolle ein. Was das Unternehmen für die Zufriedenheit seiner Mitarbeitenden unternimmt und wie es mit dem vorherrschenden Fachkräftemangel umgeht, erklärt Geschäftsleitungsmitglied Marco Pollinger im Gespräch.  

«Es geht beim Thema Vereinbarkeit nicht nur darum, das Familienleben mit dem Beruf zu vereinbaren, sondern auch um andere Fragen, wie etwa Freiraum bei den Gestaltungmöglichkeiten der Freizeit», sagt Marco Pollinger, Bereichsleiter Ressourcen und Geschäftsleitungsmitglied beim SMZO. Vereinbarkeit sei facettenreich und beschäftige alle, unabhängig von Geschlecht und familiärer Situation: «Was Mitarbeitende unter Vereinbarkeit verstehen, ist sehr individuell.» Als Unternehmen wolle das SMZO möglichst gut auf die Bedürfnisse der einzelnen Personen eingehen. Konkret heisst das zum Beispiel, bei der Dienstplanung entsprechende Wünsche zu berücksichtigen – so weit möglich. «Für die Planung können alle Mitarbeitenden ihre Freiwünsche sowie die Wochenenden, welche sie arbeiten können, melden.» 

Das Thema Vereinbarkeit sei eigentlich ein Mittel zum Zweck, gibt Pollinger zu bedenken. «Im Endeffekt müssen wir sicherstellen, dass wir optimale Dienstleistungen für die Oberwalliser Bevölkerung zur Verfügung stellen können. Ziel der Vereinbarkeit ist es, den Mitarbeitenden attraktive Bedingungen zu bieten, damit wir genügend und auch zufriedene Mitarbeitende im SMZO haben.» Wenn man das Privatleben und die Arbeit sauber miteinander verbinden könne, habe das auch einen positiven Einfluss auf die Zufriedenheit der Mitarbeitenden. In diesem Punkt ist das SMZO laut Pollinger auf Kurs: Eine im letzten Jahr durchgeführte Mitarbeitendenumfrage hat gezeigt, dass die Zufriedenheit innerhalb der Belegschaft hoch ist. «Das ist erfreulich. Allerdings wollen wir uns nicht auf den Lorbeeren ausruhen und daran arbeiten, auch längerfristig für unsere Mitarbeitenden attraktiv zu sein.»  

Beim Unternehmens-Check auf Herz und Nieren geprüft 

Das Sozialmedizinische Zentrum Oberwallis (SMZO) ist eines von inzwischen fast 20 Oberwalliser Unternehmen, die am Unternehmens-Check teilgenommen haben und sich einer Prüfung zum Thema Vereinbarkeit gestellt haben. Dieses Angebot wird von valais4you zu attraktiven Konditionen organisiert und von der Fachstelle UND fachlich durchgeführt. «Wir haben die Chance genutzt und uns einen Spiegel vorhalten lassen», sagt Marco Pollinger. Konkret dienten ein Fragebogen und ein Vertiefungsgespräch mit einem Experten zur Klärung von Fragen als Basis für den Check. Im Anschluss sind durch die Fachstelle UND anhand eines sogenannten Spinnennetzes eine Beurteilung zum Thema Vereinbarkeit nach unterschiedlichen Kriterien vorgenommen und die Resultate bei einer Schlussbesprechung diskutiert worden.  

«Der Check hat uns aufgezeigt, wo wir noch Potenzial haben», so Pollinger. Von den Resultaten sei man positiv beeindruckt gewesen. Sie hätten belegt, dass das SMZO auf dem richtigen Weg ist. Ein Beispiel dafür, in welchem Bereich man noch besser werden will: Die interne Anlaufstelle für Diskriminierung noch proaktiver bekannter machen. Dazu ist im Verlauf des Frühlings eine Information an die Mitarbeitenden geplant. Der Check habe zugleich auch gezeigt, dass Vereinbarkeit eine «never ending story» ist. «Vereinbarkeit bleibt weiterhin ein Thema, an dem wir dranbleiben müssen und von dem alle Mitarbeitenden gleichermassen profitieren. Man muss sich stetig weiterentwickeln.» 

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Marco Pollinger

«Ziel der Vereinbarkeit ist es, den Mitarbeitenden attraktive Bedingungen zu bieten, damit wir genügend und auch zufriedene Mitarbeitende im SMZO haben.»

Zufriedene Mitarbeitende sind gerade angesichts des herrschenden Mangels an qualifiziertem Personal ein Vorteil für das Unternehmen. «Bei uns ist der Fachkräftemangel definitiv auch ein Thema, insbesondere was diplomierte Pflegefachpersonen betrifft. In diesem Bereich wird auch politisch versucht, entsprechende Massnahmen umzusetzen», so Pollinger. Das SMZO selbst hat verschiedene ergänzende Rekrutierungsoptionen abgeklärt. So liefen mit einer spezialisierten Firma aus dem Ausland Gespräche für Personalvermittlungen. Dabei hat sich gezeigt, dass das Volumen an Kandidatinnen und Kandidaten zu klein ist und dass die Stellenprofile mit den vorgegebenen Hausbesuchen und den sprachlichen Anforderungen zu hohe Hürden darstellen. Aktuell läuft nun ein Versuch in Oberitalien, wo das SMZO erstmals Stellen ausschreibt. «Wir sind gespannt, wie die Reaktionen ausfallen.»   

Pollinger ist überzeugt, dass die Rahmenbedingungen für die Mitarbeitenden gut sind. Erst kürzlich wurde von den Altersheimen und den Sozialmedizinischen Zentren im Wallis ein Gesamtarbeitsvertrag unterzeichnet, der ab Mai 2024 umgesetzt wird. «Bei den Diskussionen hat sich gezeigt, dass unsere Mitarbeitenden lohntechnisch zwar einen Schritt machen können, wir als Unternehmen jedoch bereits zuvor recht gut im Rennen waren, was die Arbeitsbedingungen anbelangt», so Pollinger. Er erwähnt auch die beliebten Mitarbeitendenangebote, die im letzten Jahr ausgebaut wurden. Dazu zählen etwa Vergünstigungen beim Tanken, bei Autoreparaturen, in Velogeschäften oder für Hör- und Sehtests. Und auch beim Aus- und Weiterbildungsangebot ist das SMZO grosszügig. Jedes Jahr stehen bis zu fünf bezahlte und finanzierte Weiterbildungstage zur Verfügung. «Das ist eine wertvolle Investition in unsere Mitarbeitenden.» 

Was ist das SMZO?

Als privatrechtlicher Verein mit Standorten verschiedener Grösse im ganzen Oberwallis ist das Sozialmedizinische Zentrum Oberwallis im Auftrag von Kanton und Oberwalliser Gemeinden tätig und gewährleistet sozialmedizinische Leistungen für Personen jeglichen Alters, die Pflege, Hilfe, Begleitung oder Leistungen der Sozialhilfe benötigen. Dafür kann es sich auf insgesamt 300 Mitarbeitende stützen, die sich circa 170 Vollzeitstellen teilen. Rund zwei Drittel des Personals sind im Gesundheitsbereich tätig, die übrigen Angestellten arbeiten in den Bereichen Soziales oder Ressourcen – bei einem Frauenanteil von 92 Prozent. Teilzeit spielt eine wichtige Rolle: Ein Viertel der Belegschaft arbeitet in einem Pensum von 40 Prozent oder weniger. Das bedingt eine sorgfältige Planung. «Die Einsatzplanung ist bei uns eines der zentralen und herausforderndsten Elemente, das auch ein gewisses Konfliktpotenzial mit sich bringt. Gleichzeitig können kleine Pensen aber auch Vorteile bieten, etwa wenn kurzfristige Lücken dank flexiblen Mitarbeitenden durch Pensenerhöhungen überbrückt werden können», sagt Marco Pollinger. 

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